16.04.2016

Habe ich einen Bewerber benachteiligt?

Hamburger Abendblatt 16./17.04.2016

Die Leserfrage: Ich habe für meine Werbeagentur in einer Stellenanzeige einen Junior Consultant gesucht. In der Anzeige habe ich geschrieben, dass die Stelle für Berufseinsteiger und für Bewerber mit ersten Berufserfahrungen geeignet ist. Nun fordert ein 45-jähiger Bewerber, dem ich eine Absage geschickt habe, aufgrund der Formulierungen in der Stellenanzeige Schadensersatz, da er angeblich wegen seines Alters benachteiligt worden ist. Muss ich zahlen?  

Das sagt Rechtsanwältin Silke Grage: Der abgelehnte Bewerber dürfte sich wohl auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) beziehen. Ziel des Gesetzes ist es, die Benachteiligung aus Gründen der Rasse oder wegen ethnischer Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern. Ihr Bewerber beruft sich auf eine Altersdiskriminierung. Hierfür muss er Indizien vortragen, die seine Benachteiligung vermuten lassen. Diese liegen nach der Rechtsprechung vor, wenn die vorgetragenen Tatsachen aus objektiver Sicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass die Benachteiligung wegen dieses Merkmals erfolgt ist.

Nach einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 19.11.2015 (6 Sa 68/14)  indizieren jedoch die Verwendung der Begriffe „Berufseinsteiger“ und „Junior Consultant“ keine Altersdiskriminierung. Der Begriff „Berufseinsteiger“ ist nach Auffassung der Richter altersneutral. Dieses Kriterium könne auch derjenige erfüllen, der ungewöhnlich lange studiert und erst im vorgerückten Alter einen Abschluss macht.

Die Formulierung „Junior Consultant“ bezeichne eine Hierarchieebene im Unternehmen. Das Wort „junior“ bedeutet im Englischen zwar auch „jung“. Wird es allerdings im Zusammenhang mit einer betrieblichen Stellung verwendet, bedeutet es „von geringerem Dienstalter“ bzw. „von geringerem Rang“, also jeweils mit geringerer spezifischer Erfahrung. Die „Junior-Position“ besagt allein, dass der betreffende Mitarbeiter eine niedrigere Einstellung und eine geringere Entscheidungskompetenz hat, ohne dass diese Bezeichnung an das Alter des Mitarbeiters knüpft. Den Schadensersatzanspruch des abgelehnten Bewerbers sollten Sie daher zurückweisen.

 
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