16.12.2017

Habe ich weiter ein Anrecht auf die Sonderzahlung?

Hamburger Abendblatt 16./17.12.2017

Die Leserfrage: Ich habe in den letzten fünf Jahren von meinem Arbeitgeber mit der Novemberabrechnung immer eine Sonderzahlung erhalten, die in den ersten drei Jahren 4.000 Euro und in den letzten beiden Jahren 5.000 Euro betrug. Eine schriftliche Vereinbarung über diese Sonderzahlung gibt es nicht. Der Geschäftsführer hat mir erklärt, dass ich dieses Mal keine Sonderzahlung bekomme, da der Umsatz in der Firma dieses Jahr schlechter ist und ich mein Arbeitsverhältnis zum 30. November gekündigt habe. Ist das richtig?

Das sagt Rechtsanwältin Silke Grage: Grundsätzlich gilt, dass Mitarbeiter nach einer dreimaligen vorbehaltlosen Zahlung einer freiwilligen Leistung auch in den folgenden Jahren eine entsprechende Sonderzahlung von ihrem Arbeitgeber beanspruchen können.

In Ihrem Fall besteht jedoch die Besonderheit, dass Ihre Sonderzahlungen in unterschiedlicher Höhe erfolgten. In diesen Fällen hat das Bundesarbeitsgericht früher die Auffassung vertreten, dass es an einer regelmäßigen gleichförmiger Wiederholung fehle. Dadurch komme der Wille des Arbeitgebers zum Ausdruck, in jedem Jahr neu „nach Gutdünken“ über die Zuwendung entscheiden zu wollen. Diese Rechtsprechung hat das Bundesarbeitsgericht jetzt aber geändert (vgl. Urteil vom 13.5.2015, 10 AZR 266/14). Es sei gerade typisch für eine vom Betriebser-gebnis abhängige Sonderzahlung, dass deren Höhe schwanken könne, so dass Sie auch in diesem Jahr einen Anspruch auf die Sonderzahlung haben.

Ihre Kündigung zu Ende November stellt ebenfalls keinen Ablehnungsgrund dar. Denn nur wenn ein Arbeitgeber mit seiner Sonderzahlung ausschließlich die Betriebstreue honorieren oder diese als „Halteprämie“ zahlen will, kann die Sonderzahlung entfallen. Dies muss er jedoch ausdrücklich - zum Beispiel durch eine vertragliche Bindungsklausel - zum Ausdruck bringen,  was jedoch in Ihrem Fall nicht geschehen ist. Der Hinweis Ihres Geschäftsführers auf den rückläufigen Umsatz der Firma macht vielmehr deutlich, dass die Sonderzahlung eben gerade nicht als reine Treueprämie gedacht ist.

Allerdings haben Sie keinen Anspruch auf Auszahlung in gleicher Höhe wie in 2016. Da Sie vor Ablauf des Kalenderjahres ausscheiden, ist Ihre Sonderzahlung anteilig zu kürzen. Im Übrigen muss Ihr Arbeitgeber die Höhe Ihrer Sonderzahlung nach billigem Ermessen festlegen. Geschieht dies nicht, können Sie eine Überprüfung durch das Arbeitsgericht vornehmen lassen.

 

 
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