Hamburger Abendblatt 02./03.02.2002
Zeugnisse für ausgeschiedene Mitarbeiter sind häufig wenig aussagefähig. Aus diesem Grunde ist die Versuchung des Ex-Chefs manchmal groß, einem möglichen neuen Arbeitgeber zusätzliche Informationen zu geben. Doch hier ist Vorsicht geboten.
In einem Fall, über den das Landesarbeitsgericht Hamburg (2 Sa 144/83) zu entscheiden hatte, konnten sich die Firma und der einstige Mitarbeiter erst vor dem Arbeitsgericht auf den Wortlaut eines Arbeitszeugnis einigen. Als anschließend ein an der Einstellung des Mitarbeiters interessiertes Unternehmen anfragte, teilte die alte Firma schriftlich mit, dass sie nicht in der Lage sei, zusätzliche Informationen zu geben. Sie könne aber "bestätigen, dass das Zeugnis im Verlauf eines arbeitsgerichtlichen Prozesses erlangt worden" sei.
Nach dieser Auskunft verzichtete das Unternehmen auf die Einstellung. Das Landesarbeitsgericht verurteilte daraufhin den Ex-Arbeitgeber zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe des Gehaltes, das der Mann bei der neuen Firma in der sechsmonatigen Probezeit verdient hätte, wobei das Arbeitslosengeld verrechnet wurde.
Diese Entscheidung macht deutlich, wie vorsichtig Unternehmen mit Informationen über ehemalige Mitarbeiter umgehen müssen. Ihnen ist dringend davon abzuraten, zusätzlich zu den wohlwollenden Aussagen im schriftlichen Zeugnis negative Informationen weiterzugeben, um Schadensersatzansprüche zu vermeiden. Denn ein Arbeitgeber ist auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter dem Gesichtspunkt nachwirkender Fürsorge verpflichtet, seinem Arbeitnehmer in seinem Fortkommen behilflich zu sein.
Auseinandersetzungen lassen sich vermeiden, wenn beide Seiten die Zeugnisfrage emotionslos regeln. Es empfiehlt sich, den Wortlaut der Zeugnisbeurteilung im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses oder im Aufhebungsvertrag gleich mit festzulegen. Weiter kann sich der Arbeitgeber verpflichten, Auskünfte an Dritte nur im Sinne dieses Zeugnisses zu erteilen, um den Arbeitnehmer vor unliebsamen Plaudereien zu schützen.