Hamburger Abendblatt 21./22.08.2010
Frage: Ich bin krank geschrieben gewesen, für eine Woche. Grund war eine Nebenhöhlenentzündung. Am letzten Tag meiner Krankschreibung war ich mit einem Freund in der Stadt und bin dort von meinem Chef in einem Café gesehen worden. Er hat noch nichts gesagt, aber ich habe Angst, dass da noch eine Abmahnung kommt. Wäre die berechtigt?
Grundsätzlich ist ein krankgeschriebener Arbeitnehmer verpflichtet, sich so zu verhalten, dass er möglichst bald wieder gesund wird und alles zu unterlassen hat, was seine Genesung verzögern könnte. Diese Verpflichtung ergibt sich aus der Treuepflicht des Arbeitnehmers. Berücksichtigt man diesen Grundsatz, besteht in Ihrem konkreten Fall wohl nicht die Gefahr, dass Ihr Chef Ihnen eine wirksame Abmahnung erteilen kann. Da Sie lediglich an einer Nebenhöhlenentzündung erkrankt waren und Ihr Arzt Ihnen deshalb wohl kaum strenge Bettruhe verordnet haben dürfte, gehe ich davon aus, dass Ihr Besuch im Café nicht zu einer Verzögerung Ihrer Genesung geführt hat.
Dennoch ist ein Arbeitnehmer gut beraten, während seiner Arbeitsunfähig-keit den Genesungsverlauf nicht zu beeinträchtigen, da er ansonsten unter Umständen seinen Arbeitsplatz gefährdet, ohne dass ihm sein Arbeitgeber vorher eine Abmahnung erteilen muss. So kann nach Ansicht des Bundesar-beitsgerichts (vgl. Urteil vom 26.8.1993, 2 AZR 154/93) auch ohne vorherige Abmahnung die Kündigung gegenüber einem Arbeitnehmer berechtigt sein, der trotz Krankschreibung nachts in nicht unerheblichem Umfang eine Nebentätigkeit ausübt.