18.06.2005

Grenzen der betriebsbedingten Kündigung

Hamburger Abendblatt 18./19.06.2005

Immer häufiger gehen Firmen aus Kostengründen dazu über, Teile ihres Betriebes auszugliedern. Hierbei hat das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 26.9.2002, AZ: 2 AZR 636/01) den Unternehmen aber bestimmte Grenzen gesetzt.

Die Klägerin des Verfahrens war seit 1998 als Haushalthilfe in der von der Beklagten betriebenen Rheumaklinik beschäftigt. Zur Kosteneinsparung beschloss die Beklagte einige Servicebereiche (u.a. Reinigung, Küche) der Klinik zum 31.3.2001 stillzulegen und allen dort beschäftigten Mitarbeitern zu kündigen. Spätestens zum 1.4.2001 sollten sämtliche Dienstleistungen in diesen Bereichen auf eine noch zu gründende Organgesellschaft übertragen werden. Diese sollte finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen der Beklagten eingegliedert bleiben und eigene, neu eingestellte Arbeitnehmer beschäftigen. Die Beklagte hielt 51 % der Gesellschaftsanteile.

In dem Verfahren machte die Klägerin die Sozialwidrigkeit ihrer Kündigung geltend, da die Beklagte ihre Arbeitgeberstellung nicht aufgegeben habe und sie als Mitgesellschafterin der Organgesellschaft maßgeblichen Einfluss auf deren Geschäftsführung habe.

Die Richter hielten die betriebsbedingte Kündigung für unwirksam. Zwar sei die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit einer Unternehmerentscheidung von den Arbeitsgerichten inhaltlich nicht zu überprüfen. Die Entscheidung unterliege jedoch einer verfassungsrechtlich gebotenen Mißbrauchskontrolle. Der Arbeitgeber, der durch die Bildung einer unselbständigen Organgesellschaft seinen Betrieb in mehrere Teile aufspalte mit dem Ziel, den betroffenen Arbeitnehmern den Kündigungsschutz zu nehmen und nach wie vor bestehenden Beschäftigungsbedarf mit der von der Gesellschaft neu einzustellenden Arbeitnehmern zu decken, handele rechtmißbräuchlich.
 
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